Hier kommt eine Menge Leben zusammen!

29.10.21, 13:30
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Martin Schäfer
Bild 1: (v.l.) Nicole Wittmann von der Katholischen Jugendagentur LRO und Stephanie Ludewig vom Jobcenter sind freundlich und hilfsbereit. Im Burscheider Büdchen helfen sie allen Besuchern weiter, die Fragen oder Probleme haben.

„Kennen Sie sich auch mit Sachen vom Arbeitsamt aus?“, fragt ein Besucher des Burscheider Büdchens. Er wedelt mit einem Brief vom Jobcenter in der Hand. „Ja, schon“, antwortet Nicole Wittmann. „Aber wissen Sie was - Kommen Sie morgen nochmal, da sind zwei Leute vom Jobcenter hier.“ Nicole Wittmann ist unsere Kollegin und leitet für die Katholische Jugendagentur LRO das Burscheider Büdchen. 

Fragen zum Arbeitsamt in einem Kiosk? Ja, genau -  denn das Büdchen hat einen Wandel durchgemacht. Vom Kiosk zur gemütlichen Beratungsstelle. Statt Kaugummis und Zeitschriften gibt es Rat, Trost und Hilfe. „Wir sind die erste Anlaufstelle für einfach alles“, sagt Nicole Wittmann. Es leicht machen, einfach mal hingehen, sich in einem hübschen Wohnzimmer zusammensetzen und durchsprechen, was zu tun ist – dafür steht das Burscheider Büdchen. 

„Neulich kam eine Nachbarin direkt vom Zahnarztstuhl hierher, der Mund war noch betäubt. Sie war so glücklich, dass sie jetzt alle Zähne in Ordnung hat. Die Rechnung vom Zahnarzt, die sie dabeihatte, hat ihr jedoch Sorgen bereitet“, beschreibt Nicole Wittmann einen typischen Fall. Die Mitarbeiter des Büdchens suchen dann gemeinsam mit der Besucherin nach Lösungen. Sie schauen nach: Laufen bei der Dame noch andere Abzahlungen? Kann man vielleicht ein zinsloses Darlehen vereinbaren? Oder sie rufen gemeinsam mit der Frau beim Zahnarzt an und verabreden eine Ratenzahlung. 

Wenn einmal das Vertrauen da ist, dann zeigen sich oft noch andere Dinge, die geregelt werden müssen. Dann werden noch Briefe ausgepackt, die schwer auf dem Magen liegen. Oder private Probleme erzählt, die schon seit Wochen vor sich hergeschoben wurden.  

„Hier braucht sich keiner schämen“, sagt Nicole Wittmann. Sie erlebt oft die Erleichterung bei den Menschen, wenn sie sich endlich anvertrauen: „Die Leute fühlen sich mit ihren Problemen oft allein.“ Wenn Nicole Wittmann dann sagt, „nein, Sie sind nicht alleine, wir sind jetzt schon zwei“, fließen auch mal Tränen.  

Und dann setzen die Mitarbeiter vom Büdchen die Hebel in Bewegung. Sie ebnen die Wege zu den nächsten Beratungsstellen. Sie melden den Besucher dort schon mal an, zeigen, wie es weitergeht, so dass der Besucher weiß, „man kennt mich da schon. Ich gehe nicht von Null aus dahin“. "Dahin”, das ist oft zur Schuldnerberatung, zur Familienberatung oder eben auch zum Jobcenter. 

Neu ist die Zusammenarbeit der Katholischen Jugendagentur mit dem Jobcenter Burscheid direkt im Büdchen: Zwei Mitarbeitende des Jobcenters sind an jedem Dienstag von 10.00 bis 12.00 Uhr vor Ort. Sie helfen Bürgern dabei, Briefe vom Jobcenter richtig zu verstehen, beantworten Fragen und stellen mit ihnen gemeinsam Anträge für Leistungen. Sie können auf die Programme des Jobcenters zugreifen und fast genauso arbeiten, wie in ihren normalen Büros.  

„Sehr gut war dieses Angebot in der Corona-Zeit“, erzählt Stephanie Ludewig vom Jobcenter Burscheid. „Wir waren während der Pandemie überwiegend digital und telefonisch zu erreichen. Persönliche Gespräche vor Ort waren nur eingeschränkt möglich. Das ist für manche unserer Kunden eine Hürde gewesen. Wir wollen es ihnen aber leicht machen. Im Burscheider Büdchen konnten wir durch das Kiosk-Fenster während Corona mit den Leistungsberechtigten sprechen.“  

Den Menschen entgegenkommen, ihnen die Angst „vor dem Amt“ nehmen, das ist ein Anliegen des Jobcenters. „Es liegt einfach nahe, dass wir uns mit dem Burscheider Büdchen zusammentun. Ich arbeite sowieso seit zwei Jahren mit Nicole zusammen“, erklärt Stephanie Ludewig. Sie hat schon häufig nahtlos Menschen weiterbetreut, die vom Büdchen kamen. 

„Jetzt, wo wir regelmäßig im Büdchen sind, geht das alles natürlich noch viel einfacher“, zieht sie ihr Fazit. „Die Menschen müssen nirgendwo anders mehr hingehen, sondern es geht direkt an dem Ort für sie weiter, den sie schon kennen.“  Stephanie Ludewig sieht noch einen zweiten Vorteil: „Und wir, die wir uns im Büdchen vernetzen, können noch mehr voneinander lernen. Man kann sich ganz schnell mal was fragen. Das kommt alles dem Besucher zugute.“  

Weil diese Zusammenarbeit so gut klappt, überlegen die Katholische Jugendagentur LRO und das Jobcenter schon, ob sie dieses Modell noch an anderen Orten gemeinsam umsetzen können.