Es war in den vergangenen beiden Jahren nicht immer leicht, mit den Jugendlichen in Kontakt zu bleiben. „Am Telefon, über Mail oder Zoom ist alles zäher, als wenn man sich persönlich gegenübersitzt“, das hat Sabine Terfloth in letzten 24 Monaten häufig zu spüren bekommen. Sie ist Sozialpädagogin und arbeitet für die Katholische Jugendagentur LRO in unserer Offenen Jugendberufshilfe in Leverkusen. Diese Beratungsstelle hilft Jugendlichen bei Fragen zum Übergang von der Schule in den Beruf. Zum Beispiel unterstützt sie sie bei der Berufswahl, aber auch beim Lernen und Durchhalten für den Schulabschluss. Wir betreiben diese Beratungsstelle gemeinsam mit der Stadt Leverkusen.
Die Jugendlichen, die jetzt wieder in die Beratungsstelle kommen, tragen Spuren der bisherigen Corona-Zeit mit sich herum. „Wir kümmern uns ja auch um diejenigen, die nicht so viel von Zuhause unterstützt werden. Bei vielen sehen wir gerade eine sehr antriebsschwache Phase“, beobachtet Terfloth.
Die Stimmungslage ist eher zurückhaltend bei den Jugendlichen. Es wird mit wenig Zuversicht und Freude an die Zukunft gedacht. Grund genug, mit ihnen und dem Graffiti-Künstler Carsten Klett die Graffiti-Aktion „Corona, du kannst mich mal …!“ umzusetzen.
Zuerst haben alle zusammen überlegt: Wie bin ich durch schwierige Situationen gekommen? Was hat mir geholfen? Worauf bin ich stolz? Dies in Bildmotive umzusetzen war ein Weg, um für die Jugendlichen erfahrbar zu machen, welche Stärken sie haben.
Für viele von ihnen war die Familie wichtig. Aber auch Haustiere haben ihnen die Einschränkungen durch Corona erträglicher gemacht. Manchmal hat auch Musik geholfen, die sie gehört haben. Viele sind mehr Rad gefahren und haben mehr Sport gemacht als sonst.
„Veränderung war ein großes Thema“, erzählen Terfloth und ihre Kollegin, Sonja Skandy, die dieses Projekt geleitet haben. „Einerseits Veränderungen, die sie geschafft haben. Zum Beispiel, dass sie sich körperlich besser gefühlt haben, weil sie sportlicher geworden sind.“ Aber auch Veränderungen, die sie sich wünschen. Manche Jugendliche haben sich Tattoos stechen lassen. Diese Tattoos stehen häufig für Leit-Ideen, die für sie von Bedeutung sind. Auf der Haut tragen sie sie immer bei sich. So geben sie sich selbst eine Richtung für die Zukunft.
Die wichtigsten Einsichten zu ihrem Handeln in kritischen Zeiten haben die Jugendlichen mit Spraydosen auf sieben selbst gebaute große Leinwände übertragen. Vier gemeinsame Workshop-Nachmittage lang haben sie daran gearbeitet. „Es war schön zu sehen, wie die Gruppe zusammenwächst und sich mit Respekt begegnet“, fand Sozialpädagogin Skandy.
„Wir erfahren so viel über die Jugendlichen, wenn wir mal was zusammen machen“, berichtet Terfloth, die ihre Besucher sonst eher in Beratungsgesprächen kennenlernt. „Es wäre schön, wenn Jugendliche schon sehr früh in die Offene Jugendberufshilfe kommen. Schon dann, wenn es noch gar nicht um eine konkrete Bewerbung geht.“ Denn zum Unterstützen und Mut machen ist die OJB Leverkusen da. Zum Beispiel, wenn in der Schule Durchhaltevermögen gefragt ist. Dann können die Sozialpädagogen gemeinsam mit dem Schüler einen Plan und andere Strategien erarbeiten, die zum Ziel führen.
„Manchmal wird jungen Menschen von ihrem Umfeld nahegelegt: ‘Du schaffst das nicht.‘ Ich hatte hier noch kürzlich so einen Fall von einem syrischen Jungen, dem einfach zu wenig zugetraut wurde. Mit genügend Dranbleiben und ein paar Hilfen, wie er das am besten anpackt, hat er schließlich einen Praktikumsplatz und eine anschließende Ausbildung gefunden“, berichtet Sabine Terfloth. Solche positiven Ergebnisse sind für sie das Schönste an ihrem Job.
Auch beim Graffiti-Workshop gibt es Ergebnisse. Sie sind auf den großen, bunt besprühten Leinwänden zu sehen. Die Jugendlichen, die sie gestaltet haben, freuen sich darauf, sie nach der Ausstellung mit nach Hause zu nehmen. Zu bewundern sind diese Kunstwerke bis zum 09.08.2022 im Jugendhaus Rheindorf, in dessen Außengelände auch der Workshop stattfand. Nach den Sommerferien werden die Leinwände in der Jugendkirche Opladen ausgestellt.
Wir bedanken uns ausdrücklich bei der Stadt Leverkusen und besonders bei Eva Bergerhoff, die das Bundesprogramm „Jugend stärken im Quartier“ koordiniert. Mit dessen Mitteln und mit den Fördermitteln „Aufholen nach Corona“ konnte diese Graffiti-Aktion verwirklicht werden. Auch beim Jugendhaus Rheindorf möchten wir uns bedanken, in dessen Außengelände die Spray-Dosen in Aktion kommen durften.